Zu schwach fand ich die Hilfe der Maschine oft beim Aufstoppen oder wenn es mal unter Maschine gegen Wind und Welle ging. Also nicht im Sinne von Gegenanbolzen auf längeren Strecken, das kommt für mich sowieso eher nicht in Frage, dazu segelt das Schiff auch zu gut. An der Kreuz bin ich meist noch immer schneller und angenehmer unterwegs als die Kameraden mit der „Eisernen Genua“. Aber beim Auslaufen aus dem Hafen oder in engen Fahrwassern lässt es sich doch manchmal nicht vermeiden, gegen Wind und Welle kurz die Maschine zu nutzen. Und wenn dann nicht genügend Kraft verfügbar ist, kann es unangenehm oder sogar gefährlich werden.
So bin ich beispielsweise Ende September 2020 im Kroghage Dyb bei Gedser bei einem kräftigen nördlichen Wind mit 6 – 7 Beaufort gegenan und einer lächerlichen Windwelle von höchsten 0.5 m für einen kurzen Moment auf unter 2 kn Speed gekommen und damit an die Grenze der Steuerfähigkeit des Schiffes.
Auch das Einlegen des Rückwärtsganges zum Aufstoppen beim Anlegen musste immer entweder sehr frühzeitig und vorausschauend erfolgen oder die Drehzahl entsprechend hochgefahren werden, damit das Schiff schnell genug und im richtigen Moment zum Stehen kam. Geht beides, ist aber nicht schön. Die Phase des Aufstoppens wünscht man sich möglichst kurz, weil sie naturgemäß mit abnehmender Manövrierfähigkeit des Schiffes verbunden ist.
Aus diesen Aspekten heraus war dann schon länger der Wunsch nach einem 3 flügeligen Propeller entstanden, doch – primär aus Kostengründen – immer wieder auf die lange Bank geschoben worden. Aber auch nicht so einfach zu durchdringende Fragen wie Durchmesser, Steigung, Flügelform, Drehrichtung, gebraucht oder neu haben mich zunächst davon abgehalten, die Sache anzugehen.
Ermutigt haben mich die Ausführungen von Michael Herrmann in „Technik unter Deck“, der auf S. 254 zu Faltpropellern u. a. schreibt:
„Die Entwicklung ist mittlerweile fortgeschritten; von den heute regelrecht primitiv anmutenden ersten Exemplaren haben sich diese Propeller zu fast futuristisch anmutenden Gebilden mit bis zu vier Flügeln entwickelt, deren Vortriebsleistung sehr nah an denen guter Festpropellern heranreicht oder diese gar übertrifft. Der Strömungs- beziehungsweise Schleppwiderstand hingegen liegt im gefalteten Zustand unter dem der Nabe eines Festpropellers.“ … „Geänderte Flügelformen und ausgefeilte Klappmechanismen führten zu einer deutlichen Steigerung der Effizienz in beiden Drehrichtungen, so dass moderne Faltpropeller sich in ihren Manövriereigenschaften kaum mehr von Festpropellern unterscheiden.“
Auch die Fa. Volvo Penta lobt die Vorteile ihres 3 flügeligen Faltpropellers für das Saildrive wie folgt:
„Schon äußerlich fällt die neuartige zum Patent angemeldete Konstruktion auf. Mit großen Blattflächen und dem charakteristischen eliptischen High Skew-Blattprofil, beides Merkmale, die hohe Schubleistung und einen ruhigeren Lauf garantieren.“ … „Er besteht aus Spezialbronze und wird mit einer besonderen Nabe geliefert. Diese Nabe fängt die harten Stöße ab, welche bei schnellen Richtungsänderungen auf den Propeller und die Propellerwelle wirken.“ … „Der größte Vorteil von Faltpropellern liegt in ihrem geringen Strömungswiderstand beim Segeln. Der Dreiblatt-Faltpropeller von Volvo Penta hat einen um bis zu 10-mal geringeren Strömungswiderstand als ein Dreiblatt-Festpropeller. Im Vergleich zu einem Zweiblatt-Festpropeller ist der Strömungswiderstand bis zu 4 1/2-mal geringer.“ … „Mit dem Dreiblatt-Faltpropeller sind Sie im Vergleich zu einem Zweiblatt-Faltpropeller um bis zu 0,6 Knoten schneller.“ … „Außerdem sorgt das einzigartige Blattprofil für geräusch- und vibrationsarmen Lauf und mehr Schub. Der Dreiblatt-Faltpropeller bietet einmalige Manövriereigenschaften. Er liefert bei Rückwärtsfahrt fast so viel Schub wie ein Festpropeller. Bei Vollgas rückwärts entwickelt er doppelt so viel Schub wie ein Zweiblatt-Faltpropeller und selbst bei 2000 Umdrehungen beträgt der Unterschied in der Schubleistung gegenüber einem Zweiblatt-Faltpropeller noch 30 %.“
Nach so viel überzeugenden Argumenten war ich zum Kauf entschlossen und es blieb dann – neben den Kosten – nur die Herausforderung, das passende Exemplar auszuwählen. Dazu habe ich auf der Seite www.bootsmotoren.de der Fa. Yachttechnik Fehmarn einen Konfigurator gefunden, über den man sich – ausgehend von den Basisdaten des Bootes und der Maschine – den passenden Propeller ermitteln lassen kann:
Propellerberechnung – Bootsmotoren: Ihr Onlineshop für Volvo Penta Ersatzteile und Bootszubehör
Als Laie hat man natürlich diverse Rückfragen, die alle sehr prompt telefonisch und teilweise auch per mail beantwortet wurden. Wenige Tage nach der telefonischen Bestellung traf dann das Paket ein.
Die Montage ist relativ simpel und kann im Winterlager in kurzer Zeit erledigt werden. Für die Montage werden eine kurze instruktive Anleitung, alle erforderlichen Teile sowie wasserfestes Fett und Gewinde Fixierer mitgeliefert.
Die Montage ist im Prinzip genau so einfach wie beim 2 flügeligen Propeller, nur dass hier eben 3 Flügel in synchroner Stellung zu montieren sind und die Bolzen entsprechend etwas anders positioniert bzw. befestigt werden.
Ich habe es wie nachfolgend beschrieben gemacht, übernehme aber keine Gewähr für die Richtigkeit meiner Angaben: hier ist ausschließlich die Montage Anleitung des Herstellers ausschlaggebend.
Zuerst wird die neue Anode auf die Welle geschoben und unter Verwendung von Gewinde Fixierer angeschraubt.
Dann wird die Welle mit wasserfestem Fett geschmiert und anschließend die Nabe darauf geschoben.
Dann wird die Nabe mit einer Sicherungsmutter gesichert, die auf das Gewinde am Ende der Welle geschraubt und mit einem Drehmoment von 70 Nm festgezogen wird. Für das Anziehen der Sicherungsmutter muss die Nabe fixiert werden. Hier hilft Schraubenzieher, der hier durch die Bolzenlöcher geführt und mit einer Bohle abgestützt wird, bevor der Drehmomentschlüssel mit einer 24 er Nuss angesetzt wird.
Die Sicherungsmutter wird dann noch durch eine Sicherungsschraube, die ihrerseits mit einer Faltscheibe fixiert ist, gesichert und dafür mit 20 Nm festgezogen.
Dann werden die Flügel mit gut gefetteten Zahnkränzen eingesetzt. Wichtig ist hier übrigens die Reihenfolge beim Einbau: die Flügel sind mit den Ziffern 1 – 3 durchnummeriert, weil sie im Herstellungsprozess auf die optimale Laufruhe abgestimmt worden sind. Wenn die Nabe an den Einschubstellen ebenfalls Ziffern aufweist – was laut Hersteller nicht immer der Fall ist -, müssen die Flügel natürlich auch den korrekten Ziffern auf der Nabe zugeordnet werden.
Die Haltebolzen sind ganz leicht konisch, so dass sie nur von einer Seite eingeführt werden können und auch nur von dieser Seite mit kleinen Inbus Schrauben gesichert werden müssen (10 Nm). Das Einsetzen der Flügel ist etwas tricky: 3 Flügel und 3 Bolzen gleichzeitig, da hätte man am besten auch 3 Hände für den Moment. Wichtig ist beim Einsetzen, dass die Flügel wirklich exakt in der gleichen Stellung stehen, damit sie sich anschließend korrekt und synchron aus- und einklappen lassen.
Und so legen sich die Propellerflügel beim Segeln an um bei Fahrt unter Segeln den geringstmöglichen Widerstand zu liefern.
Nach dem Einwassern Ende März sind die ersten Erfahrungen deutlich positiv.
Sofort nach dem Einkuppeln, egal ob vorwärts oder rückwärts, ist schon bei der niedrigsten Drehzahl der durch den Propeller bewirkte Druck deutlich spürbar: das Schiff zieht sofort in die jeweilige Richtung. Das war bei 2 flügeligen Propeller noch anders, da hat es bei niedrigster Drehzahl jeweils einige Sekunden gedauert, bis man den Druck des Propellers wahrgenommen hat und das Schiff in Bewegung gekommen ist. Die Wirkung fühlt sich beim Manövrieren kraftvoller und direkter an, das ist sehr angenehm.
Bei langsamer Marschfahrt mit ca. 1.800 rpm lief das Schiff mit dem 2 flügeligen Propeller bei Windstille und ohne Wellen ca. 5 kn STW, jetzt sind es bei gleicher Drehzahl tatsächlich ca. 5.5 kn. Phantastisch!
Klar, dass das Aufstoppen jetzt wesentlich schneller und wirkungsvoller erfolgen kann. Erstaunlicherweise ist auch der Radeffekt jetzt stärker, vorher beim 2 flügeligen Propeller hatte ich ihn kaum je bemerkt. Jetzt hingegen lässt er sich gut nutzen um beim längseits Anlegen das Heck nach Stb schön an die Pier zu drücken.
Gefühlt sind die Fahrgeräusche und Vibrationen jetzt ruhiger und leiser, das ist allerdings nur subjektiv gefühlt und nicht gemessen.
Alles in allem ist der Austausch eines 2 flügeligen gegen einen 3 flügeligen Faltpropeller aus meiner Sicht eine gute Investition, die ich nur empfehlen kann.
1 Response to 3 flügeliger Klapppropeller am Saildrive
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